Psychotherapie mit Sterbenden
Psychotherapie im letzten Leben vollzieht sich als Psychological Care (psychologische Umsorge).
Menschen, denen ihr Sterben bewusst wird, empfinden in verschiedenen Intensitäten Todesangst, oft zusammen mit den Herausforderungen einer hohen Symptomlast. Sie ist Folge einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder hohen Alters. Daraus ergeben sich über die psychischen Symptome der Angst, Depression, Schlafstörungen und Schmerzbelastung hinaus vor allem in der existenziellen Anpassung an das letzte Leben Indikationen für die Psychotherapie:
- Krisen angesichts der Begrenztheit des Lebens
- Infragestellung des Selbst- und Lebenswertes durch zunehmende Defizitwahrnehmung
- Versagen des Überlebensprogramms und Umorientierung zur Akzeptanz des Sterbens und des Todes
- Befürchtungen und Erfahrungen von Bindungsspannungen, kritischen Lebensbilanzen, materieller Belastung
- Veränderungen des Lebensortes und der sozialen Mitwelt
Psychotherapie mit Sterbenden ist eine intensive Form begleitender Kommunikation, der Psychoedukation und psychotherapeutischer Intervention. Sie ist „Psychological Care“ (C. Riedel).
- Psychologische Intervention bei akuten psychischen Krisen
- Psychoedukation des Sterbenden, der Angehörigen, des Palliative Care Teams
- Psychological Care als wertschätzende Auseinandersetzung mit der Situation des Sterbens, zur Erleichterung der Akzeptanz des „letzten Lebens“, mit dem Ziel der Integration des Leidens in das gesamte Leben des Betroffenen
Ziel der psychotherapeutischen Interventionen ist nicht curative Störungsbearbeitung, sondern palliative Unterstützung und Entlastung des sterbenden Menschen, seiner Angehörigen. Hospiz- und Palliativteams bedürfen als Hochleistungsteams psychotherapeutischer Betreuung durch Supervision und Krisenintervention. Die psychologische Expertise leistet damit einen unverzichtbaren Beitrag zum System der Umsorge.
Mein Buch „Psychological Care am Lebensende. Psychotherapie in der Sterbe- und Trauerbegleitung“ (2017 bei Kohlhammer) stellt in strukturierter Form das theoretische Konzept und ausführliche, teils manualisierte Praxis für die Psychotherapie mit Sterbenden vor.